Donnerstag, März 11, 2010

Aus "Tanz mit dem Schafsmann" von Haruki Murakami

Ich bin kein verschrobener Typ.
Da bin ich mir ganz sicher.
Vielleicht kann man mich nicht gerade als durchschnittlich bezeichnen, aber verschroben bin ich nicht.
Eigentlich bin ich ein grundanständiger Kerl. Extrem geradlinig. Geradlinig wie ein Pfeil. Mein Dasein sit notwendig und äußerst natürlich. Eine selbstverständliche Tatsache, wenn man so will. Es kümmert mich wenig, wie andere meine Existenz empfinden. Was andere von mir halten, ist ein Problem, das nichts mit mir zu tun hat. Es ist vielmehr deren Problem, nicht meines.
Manche halten mich für einfältiger, als ich wirklich bin. Andere wiederum für berechnender. Doch das ist mir egal. Der Komparativ als ich wirklich bin bezeichnet lediglich eine Nuance meines Selbstbildes. Für gewisse Leute bin ich möglicherweise wirklich einfältig oder wirklich berechnend. Mir ist das ziemlich egal. Das ist nicht weltbewegend. Es gibt meines Erachtens keine Missverständnisse. Nur unterschiedliche Auffassungen.
Auf der anderen Seite kenne ich aber auch Personen - Männer und Frauen -, die sich von meiner Redlichkeit angezogen fühlen. Es sind äußerst wenige, aber es gibt sie. Zweifellos. Wie Planeten kreisen wir im dunklen All, naturgemäß voneinander angezogen, um dann wieder auseinander zu driften. Sie kommen zu mir, gehen eine Beziehung mit mir ein, bis sie mich eines Tages wieder verlassen. Sie werden Freunde, Geliebte und vielleicht sogar Ehepartner. Manchmal werden sie auch zu Gegnern. Aber was immer sie sind, irgendwann gehen sie fort. Sie sind resigniert, verzweifelt oder stumm (selbst wenn man den Hahn aufdreht, kommt nichts heraus), und dann gehen sie fort. In meinem Zimmer gibt es zwei Türen. Einen Eingang und einen Ausgang. Sie sind nicht austauschbar. Durch den Eingang kann man nicht hinaus, durch den Ausgang nicht hinein. Das ist so festgelegt. Die Leute kommen durch den Eingang herein und gehen durch den Ausgang hinaus. Es gibt viele Arten zu kommen und zu gehen. Dennoch, irgendwann verlassen mich alle. Manche gehen, um neue Möglichkeiten auszuprobieren, andere, um Zeit zu sparen. Manche sind gestorben. Keiner ist dageblieben. Es gibt niemanden hier im Zimmer. Außer mir. Ich nehme permanent ihre Abwesenheit wahr. Von allen, die mich verlassen haben. Ihre gesprochenen Worte, ihre Atemzüge, ihre gesummten Lieder schweben durchs Zimmer wie Staubflocken in den Ecken.
Ich habe das Gefühl, daß ihr Bild von meiner Person doch ziemlich präzise war. Eben deshalb kamen sie geradewegs zu mir, um mich schließlich wieder zu verlassen. Sie erkannten meine Anständigkeit, erkannten meine typische Aufrichtigkeit - ein anderer Ausdruck fällt mir leider nicht ein -, mit der ich meine Anständigkeit zu bewahren suchte. Sie wollten mir etwas sagen, mein Herz öffnen. Es waren meist sehr warmherzige Menschen. Doch ich konnte ihnen nichts geben. Und selbst wenn, dann reichte das nicht aus. Ich habe mich immer bemüht, ihnen mein Möglichstes zu geben. Was ich konnte, habe ich getan. Ich habe auch an sie Erwartungen gestellt. Und am Ende ist es doch schief gelaufen. Sie haben mich verlassen. Das war natürlich bitter.
Aber noch bitterer war, daß sie beim Hinausgehen viel trauriger aussahen als beim Hereinkommen. Das ist mir nicht entgangen. Es mag komisch klingen, doch sie wirkten oft weitaus kaputter als ich. Wieso eigentlich? Und weshalb bleibe ich immer übrig? Mit dem Schatten eines Geschädigten. Schwer zu sagen, woran es lag.
Die Angaben sind unvollständig.
Deshalb kommt nie eine Antwort zurück.
Etwas fehlt.
Als ich eines Tages nach einem Geschäftstermin nach Hause kam, fand ich eine Postkarte in meinem Briefkasten. Abgebildet war ein Astronaut, der in einem Weltraumanzug auf dem Mond umherspazierte. Es stand zwar kein Absender darauf, aber ich wusste sofort, von wem die Karte stammte.
"Wir sollten uns besser nicht mehr sehen", schrieb sie. "Ich werde wahrscheinlich in Kürze einen Erdbewohner heiraten."
Ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.
Wegen unvollständiger Angaben nicht zu beantworten. Bitte drücken Sie die Löschtaste!

Der Bildschirm ist leer.

Wie lange soll das noch so weitergehen? Ich bin bereits vierunddreißig. Wie lange noch? Ich war traurig. Es war ganz klar meine Schuld. Daß sie sich von mir trennen würde, war gewissermaßen vorprogrammiert. Das war mir von Anfang an klar. Sie wusste es, ich wusste es. Und trotzdem hatten wir offenbar ein kleines Wunder erwartet. In der Hoffnung, dass sich bei der geringsten Gelegenheit eine grundlegende Wandlung vollziehen würde. Was natürlich nicht geschehen ist. Und dann ging sie fort. Ich fühlte mich zwar einsam, nachdem sie aus meinem Leben verschwunden war, doch es war die gleiche Einsamkeit , die ich auch schon vorher erlebt hatte. Ich konnte sicher sein, dass ich diese Einsamkeit gut überstehen würde.

Ich gewöhne mich allmählich daran.

Dieser Gedanke bereitet mir Unbehagen. Als würde aus meinen Eingeweiden eine schwarze Flüssigkeit bis zur Kehle hochquellen. Ich trat vor den Badezimmerspiegel. Das da also bin ich. Das bist du. Du hast dich selbst ruiniert. Du hast dich weit mehr kaputtgemacht, als du glaubst.

Ich wirkte viel schmuddeliger und älter als sonst. Ich wusch mir gründlich das Gesicht und rieb es mit einer Lotion ein. Ebenso gründlich schrubbte ich meine Hände, nahm ein frisches Handtuch und trocknete mich ab. Anschließend ging ich in die Küche, trank ein Bier und räumte dabei den Kühlschrank auf. Schmiss verschrumpelte Tomaten weg, stellte die Bierdosen ordentlich nebeneinander und die Behälter um und machte eine Einkaufsliste.

Als es bereits dämmerte, betrachtete ich gedankenverloren den Mond und fragte mich, wie lange es noch so weitergehen sollte. Irgendwann würde ich wieder zufällig einer neuen Frau begegnen. Wir würden einander anziehen, naturgemäß, wie Planeten. Vergeblich Wunder erwarten, die Zeit verschlingen, und gegenseitig seelisch zermürben und dann auseinander gehen.

Wie lange sollte das so weitergehen?


Dienstag, Februar 23, 2010

Drei *** für ein Halleluja


Dank des Hinweises der I(nformellen) M(itarbeiterin) im KGB (Kulinarischer-Gruppen-Bereich)habe ich mich qua Amt dazu durchgerungen, auf den Missstand deutscher Kollektiv-Küchen hinzuweisen. Da hilft nur noch Beten, Bangen und...nein, nicht Brechen! Hoffen!! Ab Sommer wird ja alles besser... Guten Appetit!

Donnerstag, Februar 18, 2010

Neue Technologien im Gespräch - Nicht in der Gläsernen Manufaktur...

...und auch nicht im Gespräch mit Tobias Niederschlag - sondern in der KBB-Runde. Jaja, wer weiß, ob nicht eine/r der lieben KollegInnen nun sich mal dem Blogspot aus Hamburgs wildem Westen widmet. (Hört, hört, Wagner wabert wie weiland durch wundersam wonnevolles Wort - der Ring-Stress macht sich bemerkbar.) So sehet also, sprach ich, ein Blog ist nicht Facebook und twittert nicht kürzlich und knapp durch virtuellen Raum. Im Gegenteil: natürlich handelt es sich um ernstes Geschwätz, dem gesamtwirkenden Opernrausch nicht unähnlich. Aber da ich ja nun mal mehr so vom Konzert komme, ne, is das ja man so gar nich meine Welt, nech...

Viel wichtiger: endlich taut es - draußen mehr denn drinnen, aber es ist ein Anfang. Nun kann der Frühling irgendwie ja dann doch mal langsam sich auf den Weg machen. Hab keinen Bock mehr auf Auto, keinen Sport nicht machen können, frieren, Heizkosten, nasse Socken im noch nässeren Schuh, laufende Nasen statt Joggern, dreckiges Laminat, das zu putzen ich zu faul bin und so weiter und so weiter.

Also, dann mal los mit der Wärme!

Dienstag, Dezember 08, 2009

Das Finalkonzert vom Bundeswettbewerb Gesang in den Kategorien "Chanson und Musical" war gestern abend im Berliner Friedrichstadtpalast ein interessantes Unterfangen. Stimmlich waren es solide, aber nicht vom Hocker reissende Leistungen, unter Entertainment-Gesichtspunkten waren doch einige sehr vielversprechende junge Talente zu entdecken. - Manchmal allerdings passten tänzerische, stimmliche und schauspielerische Begabung nur schwerlich zusammen - "Gesamtpakete", die top waren, suchte man vergeblich. EIn weiterer interessanter Aspekt: offenbar wird in der Musical-Gesangsausbildung kein Wert darauf gelegt, daß man auch dieses Repertoire mit dem ganzen Körper und nicht nur bis zum oberen Brustkorb singen darf... :-(

Donnerstag, August 13, 2009

Ottenser in Seattle

Nicht schlaflos sondern relativ munter - gestern an Pier 62 nach dem Besuch des Seattle Aquariums. Allen Ottensern wünsche ich auf dem Altonaer Balkon einen genauso schönen Sonnenuntergang...
Posted by Picasa

Sonntag, Juni 21, 2009

Das waren noch Zeiten: anno 2003 - da sah es noch so aus, als könnte ich Geige spielen ;-) - in der guten alten Vereinnsstraße... Und dabei tue ich nur so, als sei ich je über die 3. Lage hinausgekommen.
Posted by Picasa

Montag, November 10, 2008

Heute erstmals auf einem Pferd gesessen - Isländer-Reitstunde, war sehr interessant, Rosa hieß das Opfer. Habe versucht, es nicht allzu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen, ist - so denke ich - auch ganz gut gelungen. War unglaublich kalt, da war der warme Pferderücken schon sehr angenehm, also halt doch was Großes, Warmes, Weiches... ;-) Am Abend dann noch einen "Zauberflöten"-Chefdienst, der problemlos und ohne größere Pannen über die Bühne ging. Habe seit Tagen nun schon wieder mehrfach die Geige oder besser, eine neue Geige von Berwanger aus Hannover, gespielt und endlich, endlich erzeuge ich wieder Töne und Klänge. Das Jahr der Pause war eindeutig zu lang, aber immerhin nicht so lang, daß ich nicht alles wieder hochholen könnte. Und das ist ein sehr, sehr gutes Gefühl und Wissen! Tschüss